Reisen per Anhalter: 4 Gründe, wieso du Trampen ausprobieren solltest

Trampen durch Laos
Inhalt

2018 reisten wir über 7.000 km per Anhalter von Vietnam, durch Laos, Thailand und Myanmar bis nach Indien. Wir wollten bis nach Deutschland per Anhalter reisen und nur den Verkehr nutzen, der bereits auf der Straße war. In Indien kauften wir uns spontan ein indisches Motorrad, eine Royal Enfield Himalayan, und setzen unsere Reise damit fort. Als wir anderen von unserem Vorhaben erzählten, von Vietnam nach Deutschland zu trampen, wurden wir oft gefragt, warum wir per Anhalter reisen wollten. Wir hätten doch fliegen können – das würde doch viel schneller gehen. Insbesondere wenn man sich die Länder ansah, durch die wir reisen wollten, wie Indien, Pakistan und den Iran, wäre dieses Art des Reisens viel zu gefährlich. Hier erfährst du 4 Gründe, wieso es sich lohnt per Anhalter zu reisen.

1. Trampen ist nachhaltig

Die Entscheidung von Vietnam nach Deutschland zu trampen war tatsächlich relativ spontan. Eine Schlüsselrolle hat hierbei die Buchung unseres Flugs von Prag nach Ho Chi Minh Stadt gespielt. Es folgt ein kurzer Exkurs. Henrik und ich sind in der Vergangenheit immer viel geflogen – alleine schon deswegen, weil mich Henrik während meines Master Studiums in Stockholm besuchte. Fliegen war noch nie so günstig und schnell, wie es heute ist. Wir wussten, dass Fliegen schlecht für die Umwelt war doch wie schlecht es tatsächlich war, gemessen in CO2, wussten wir nicht. Und um ehrlich zu sein wollten wir es auch nicht wissen. Lieber verschlossen wir die Augen vor der unangenehmen Wahrheit und den wahren Kosten des Fliegens. Das waren noch Tage vor Fridays For Future und öffentlichen Debatten zur Klimakrise. Diese Einstellung änderte sich, als wir über einen Blogbeitrag von Bravebird gestolperten, der sich mit nachhaltigem Reisen befasste.

Wer reist, erzeugt auch CO₂. Fliegen verursacht mit Abstand die meisten CO₂-Emissionen und trägt mit einem Anteil von bis zu 10% zur globalen Erderwärmung bei (gefolgt von PKW, Bahn und Bus). Ute Kranz alias Bravebird thematisiert die Möglichkeit seinen CO₂-Ausstoß zu neutralisieren, indem man sich mit einer Spende an Klimaschutzprojekten wie Atmosfair beteiligt. Atmosfair ist eine Klimaschutzorganisation mit dem Schwerpunkt Reise und betreibt aktiven Klimaschutz u.a. mit der Kompensation von Treibhausgasen durch erneuerbare Energien. Die Website bietet kostenlos einen Emissionsrechner an, der ermittelt, wie viel CO₂ der Flug produziert und was es kostet, eine vergleichbare Klimagase einzusparen. Da Henrik und ich kurz zuvor unsere Flüge nach Vietnam gebucht hatten, wurden wir neugierig und wollten herausfinden, wie viel CO₂ wir mit unserem Flug verursachen würden. Bei den Ergebnissen sind wir aus allen Wolken gefallen. Unsere Flug-CO₂-Emissionen pro Kopf betrug 2.415 kg CO₂. Im Vergleich: Um die globale Erwärmung des Klimas in verträglichen Grenzen zu halten (Limitierung des Temperaturanstiegs bis 2050 auf maximal 2°C), liegt das klimaverträgliche Jahresbudget eines Menschen aktuell bei 2.300 kg CO₂ (Quelle: Atmosfair.de). Wer täglich etwa 30 km mit dem Auto zurücklegt, hat sein Jahresbudget mit einem Ausstoß von 2.000 kg CO₂ also beinahe ausgeschöpft.

Atmosfair Emissionsberechnung | Passport Connection
Unsere Atmosfair Emissionsberechnung für unseren Flug von Vietnam nach Prag

Reisen ist nicht nur eine Bereicherung, es bringt auch Verantwortung mit sich. Ein wichtiger Bestandteil davon ist ein Bewusstsein darüber, wie oft wir fliegen und was wir unternehmen können, um die Umweltschäden zu kompensieren, die wir mit unseren Reisen herbeiführen. Man könnte natürlich allgemein weniger reisen – oder aber weniger fliegen und längere Aufenthalte einplanen. Für uns waren diese Erkenntnisse Inspiration für eine neue Herausforderung und eine nachhaltige Veränderung unseres Reisestils.

Wir entschlossen uns, per Anhalter von Vietnam zurück nach Deutschland reisen und keine weiteren Rückflüge zu buchen. Weil es möglich war. Weil wir Zeit hatten. Weil wir uns die Zeit nehmen wollten. Wir wollten die Strecke erleben, die wir zurücklegten. Wir wollten die Reise in ihrer Ganzheit erfahren und die Distanz spüren. Durch Trampen sollte unser ökologischer Fußabdruck beim Reisen kaum vorhanden sein, da wir nur den Verkehr nutzten, der bereits unterwegs war. Somit trugen wir unseren Teil dazu bei, beim Reisen die CO₂-Emissionen nicht weiter zu erhöhen.

2. Trampen ermöglicht dir einen authentischen Kontakt mit Einheimischen

Wir nutzen Trampen als eine Reiseform, um mit Einheimischen in direkten Kontakt zu treten. Wir wollen ein Land durch die Augen eines Einheimischen betrachten und kennenlernen. Neben Couchsurfing ist für uns das Reisen per Anhalter einer der besten Möglichkeiten, um die Lebensweisen in einem fremden Land hautnah und authentisch zu erleben. Angesichts politischer Befindlichkeiten, Instabilitäten und kultureller Aspekten der Länder, durch die wir reisten, insbesondere für Indien, Pakistan und den Iran, reagierten ZuhörerInnen oft verständnislos und besorgt. Doch im Fokus stehen immer die Menschen und die Kulturen, die wir besuchen, nicht etwa die Regierungen und Regime. Wir möchten uns ein eigenes Bild machen, entgegen der Wahrnehmung in Deutschland.

Per Anhalter nach Granada | Passport Connection
Reisen per Anhalter in Granada

Es ist nicht nur der Kontakt zu den Menschen, die uns in ihrem Auto mitnehmen, die Trampen so interessant machen. Man weiß nie, wie viele Kilometer man tatsächlich an einem Tag zurücklegen wird, wo man schließlich abgesetzt wird und man am Ende des Tages die Nacht verbringt. Es ist auch der Kontakt zu den Einheimischen, denen man begegnet, wenn man seine Mitfahrgelegenheiten verlassen hat. In Laos haben wir an einem Tag beispielsweise nur 38 Kilometer zurückgelegt und waren irgendwo zwischen Phonsavan und Luang Prabang in einem kleinen Dorf gestrandet. Da wir keine weitere Mitfahrgelegenheit fanden, schliefen wir am Ende des Tages bei der Familie, die uns ein paar Stunden zuvor mit Nudelsuppen und heißem Tee willkommen hieß. Dies waren einzigartige Einblicke und Erfahrungen, die man mit Geld nicht kaufen kann.

Übernachtung bei einer laotischen Familie | Passport Connection
Unsere Übernachtung bei einer laotischen Familie

3. Trampen stillt Abenteuerlust und Freiheitsgefühl

Viele Menschen glauben, dass Trampen ein aussterbendes Phänomen sei. Dies mag nicht nur mit dessen Risikoreichtum zu tun haben, sondern auch mit der Tatsache, dass es heutzutage immer günstigere und bequeme Reisemöglichkeiten, wie Flüge, Zug, Bus und bezahlte Mitfahrgelegenheiten gibt. Doch durch den Fokus auf ökonomischen Gründen wird Trampen lediglich auf ein kostenfreies Transportmittel reduziert, und wird somit gleichzeitig seiner abenteuerlichen Dimension beraubt. Beweggründe, wie Abenteuerlust oder die Suche nach einem Freiheitsgefühl, scheinen oft unberücksichtigt zu bleiben. Wir trampen, weil es spannend ist und wir das Unbekannte erforschen möchten. Wir wissen nie, was uns erwartet und wir lernen ständig neue Menschen kennen. Der Weg ist das Ziel ist das Mantra des Trampens.

Per Anhalter von Vietnam nach Laos | Passport Connection
Wichtige Regel beim Trampen: Immer ein Lächeln im Gesicht

4. Trampen ist umsonst

Dass Trampen kostenlos ist, ist ein Teil der Philosophie. Reisen per Anhalter bringt Fremde als Freunde zusammen und ist nicht im geringsten als finanzielle Dienstleistung gedacht. Dass man durch Trampen Geld spart und man somit womöglich länger reisen kann, ist ein positiver Nebeneffekt, der für uns jedoch nicht im Vordergrund steht.

Was denkst du über das Reisen per Anhalter? Bist du schon einmal per Anhalter gefahren? Teile deine Erfahrungen mit uns in einem Kommentar!

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